(2002), 556 S., 193 Abb., 43 Kartenskizzen und Faksimiles, 1 farbige Faltkarte, 8°, geb., ISBN 978-3-447-05960-2, € 49,00, online bestellen
Was in Griechenland während des 2. Weltkrieges geschah, ist in Deutschland und Österreich bislang kaum
bekannt. In dem hier vorgelegten Werk wird erstmals der Weg der 717. Infanterie-Division bzw. 117.
Jäger-Division von ihrer Aufstellung 1941 bis zu ihrem Ende 1945 verfolgt und dabei in den gesamten
Kriegsverlauf auf der Peloponnes eingebunden; eingehend behandelt wird auch die Rolle der Briten,
Italiener, der Partisanenverbände und der sog. Sicherheitsbataillone.
Zentrales Thema der umfangreichen Recherchen auf der Grundlage bisher unveröffentlichter Dokumente aus
etwa zwanzig Archiven, der Auswertung von Ermittlungsverfahren und Prozeßakten, persönlichen
Aufzeichnungen,Tagebüchern und über 50 Interviews mit Zeitzeugen sind die “Sühnemaßnahmen“ und das damit
verbundene Massaker an Zivilisten im Rahmen des „Unternehmen Kalawrita“. Von diesem wohl größten
Kriegsverbrechen, welches von der Wehrmacht außerhalb des slawischen Raumes im 2. Weltkrieg begangen
wurde, zeichnet der Autor ein erschreckendes Bild. Er rekonstruiert minutiös die historischen Vorgänge,
zeichnet die Lebensläufe der damaligen Täter und Opfer genauestens nach, entlarvt Legenden und
korrigiert Daten und Zahlen, wobei er sich besonders darum bemüht hat, die tatsächliche Anzahl der Opfer
zu belegen.
Die Darstellung schließt den Nürnberger Südostgeneralsprozeß und das Versagen der deutschen
Nachkriegsjustiz gegenüber den Verantwortlichen ebenso ein wie die aktuelle Diskussion um
Kriegsentschädigung.
Der reich bebilderte Band enthält ca. 240 größtenteils unpublizierte Photos und Dokumente.
H.F. Meyer (*1940) hat sich mehrfach intensiv mit der Geschichte der deutschen Besatzung in
Griechenland auseinandergesetzt, neben mehreren Studien in der Zeitschrift THETIS stammen aus seiner
Feder die Monographien Vermißt in Griechenland (1992) und Kommeno. Erzählende Rekonstruktion
eines Wehrmachtsverbrechens in Griechenland (Köln: Romiosini, 1999).
Bundespräsident Rau in einem Brief vom 27. April 2003 an den Verfasser:
"Ich finde es beeindruckend, mit welcher Sorgfalt Sie die Ereignisse im
Umfeld des Massakers von Kalavryta und das Verbrechen in Kalavryta vom 13.
Dezember 1943 recherchiert haben. Ihre detaillierte Dokumentation über die
damaligen Geschehnisse trägt auch dazu bei, dem Lesepublikum, Studenten und
anderen Interessierten, die Möglichkeit zu eröffnen, sich auf der Grundlage
von möglichst umfassenden Fakten mit den damaligen Geschehnissen und
Verbrechen auseinander zu setzen. Das ist auch deshalb ganz besonders
verdienstvoll, weil Zeitzeugen und Hinterbliebene nicht für unbegrenzte Zeit
durch ihr Zeugnis die Erinnerung an die Ereignisse von damals wach halten
können.
Die Kenntnis der Vergangenheit ist aber wichtig, um die Zukunft zu gestalten. Ich denke, dass Ihr Buch daher auch einen Beitrag für die weitere Entwicklung der deutsch-griechischen Beziehungen leisten kann.
"Der Verfasser leistet bisher Unerhörtes, indem er entlegenste Dokumente ausfindig
macht und alle Zeitzeugen, die er nur irgendwie erreichen kann, (…) befragt, um die Fakten zu
ermitteln und sie zu sichern und um Täter aus ihrer Anonymität hervorzuholen. Wenn er resümiert:
"So fand die juristische Aufarbeitung des größten Massakers der deutschen Wehrmacht in Griechenland
und eines der umfangreichsten überhaupt im Verlauf des Zweiten Weltkrieges ihren Abschluß mit
eingestellten Ermittlungsverfahren: Nicht in einem einzigen Fall ist es vor deutschen Gerichten zu
einer Prozeßeröffnung gekommen – sicherlich kein Ruhmesblatt der deutschen Nachkriegsjustiz", so
darf das nicht das letzte Wort in dieser Sache bleiben. (…) Unbedingt muß darauf bestanden werden,
daß es endlich zu einer Revision jener skandalösen Ermittlungsverfahren kommt und daß auf diese
Weise ein Schuldeingeständnis nicht weiterhin verweigert wird. Die Beweislast des aufbereiteten
Materials zwingt zu dieser Konsequenz. Denn der hier mit souveränem Urteilsvermögen, selten
erlebtem Spürsinn und bewundernswertem persönlichen Einsatz Historiographie betreibt, ist keiner,
der ohne das Erzürnen und Ereifern des Humanisten ans Werk geht (…)
Horst Müller in: Die Brücke
"Heinz A. Richters "Griechenland zwischen Revolution und Konterrevolution",1973, [war] ein erstes
"epochales" Buch, weil es mit deutlichen Belegen die Grundstrukturen der politischen Situationen
von Metaxas an bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges klären konnte. [Meyer hat] jetzt, nach
größtmöglichen Recherchen, ein zweites derart "epochales" Buch vorgelegt, welches den Leser - an
den Paradigmata einer Divisionsgeschichte, angefangen bei der mörderischen Ouvertüre in Serbien,
einer konfusen Besatzungsherrschaft, einer Kollaborationsregierung, einer politisch gespaltenen
Orientierung einer notleidenden Bevölkerung, eines gespaltenen Partisanenkrieges und seiner
ausländischen "Helfer" - zu einem annähernden Begreifen solches "Sühne"-Massaker wie dem von
Kalavryta führt. Vor allem: kein Paradigma bleibt abstrakt - [Meyer] konfrontiert uns immer wieder
mit den handelnden oder erleidenden Menschen, auf welcher Seite diese auch stehen; es erinnert
schon etwas an thukydideische Geschichtsschreibung. Und das Buch bleibt von Seite zu Seite so auch
eine mitnehmende, spannende Lektüre.
Hans-P. Drögemüller
"Das im Sommer 2002 im Verlag Bibliopolis erschienene Buch von Hermann Frank Meyer Von Wien nach Kalavryta
zeigt am Beispiel der im Mai 1941 in Wien aufgestellten 717. Infanteriedivision die Realität der
deutschen Besatzungspolitik während des Zweiten Weltkrieges in Griechenland. Meyer zeichnet in seiner
äußerst exakt recherchierten, wissenschaftlich fundierten und spannend zu lesenden Studie die Einsätze
dieser Division zunächst in Serbien und dann ab Anfang 1943 auf der Peloponnes nach. ... Minutiös schildert er die
Voraussetzungen, die dazu geführt haben, dass Einheiten dieser Division die Stadt Kalavryta nahezu
vollständig zerstörten und 486 Männer erschossen. Kalavryta kann zusammen mit Distomo, Lidice in
Tschechien, Marzabotto in Italien und Oradour in Frankreich als Beispiel für brutale Sühnemaßnahmen
genannt werden, in denen die Zivilbevölkerung wegen Überfällen von Partisanen auf die deutsche
Besatzungsmacht büßen musste. Meyer setzt sich in seiner Studie auch mit der Herkunft, militärischen
Karriere und der Denkweise der für dieses Massaker verantwortlichen Offiziere wie General von Le
Suire und Major Ebersberger auseinander. Der Verfasser hat beeindruckendes Fotomaterial erschlossen.
Im Anhang befindet sich im farbigen Faksimiledruck eine Einsatzkarte der Wehrmacht zu den militärischen
Operationen, die zum Massaker von Kalavryta führten....
Das Buch von Hermann Frank Meyer schließt eine Lücke in der Erforschung der deutschen Besatzungszeit während des Zweiten Weltkrieges
in Griechenland. Eine griechische Ausgabe ist in Vorbereitung, dies ist sinnvoll, denn nur die
schonungslose Aufdeckung der historischen Wahrheit - auch beinahe 60 Jahre nach den damaligen
Geschehnissen - ist ein fruchtbarer Beitrag zur Vertiefung der deutsch-griechischen Beziehungen in
einem vereinten Europa.
Gerhard Weber in Thetis 9 (2003)