(2010) 239 Seiten, 15 Abbildungen, 5 Karten, 8°, hard cover, ISBN 978-3-447-06124-7, € 32.-, online bestellen
Diese Monographie hat das Ziel, das Leben einer Prinzessin des 15. Jahrhunderts – Mara Brankovic –
darzustellen. Zu diesem Zwecke wurde nicht ausschließlich auf die Methode der Prosopographie zurückgegriffen,
sondern es wurde der Versuch unternommen, erstere mit der Methode der Geschlechterforschung (gender studies)
zu verbinden.
Die Aufarbeitung der Quellen zu Mara Brankovic erfolgte im Hinblick darauf, nach dem “Wie” ihrer Darstellung zu fragen.
Hierbei konnten ihr Selbstverständnis und die Rezeption ihrer Persönlichkeit und das ihr seitens ihrer
Zeitgenossen zugedachte Rollenbild ergründet werden.
Die Besonderheit dieser Arbeit liegt in der Zusammenführung, Übersetzung und Interpretation einer Vielzahl
sprachlich unterschiedlichster Quellen.
Mara Brankovic stammte von vier südosteuropäischen Herrschergeschlechtern ab – den Brankovici, den Nemanjiden,
den Kantakuzenoi und den Palaiologoi. Nach dem Jahre 1428, als sie mit dem osmanischen Sultan Murad II. verlobt
wurde, ist eine Veränderung der Rezeption ihrer Person in den Quellen zu erkennen, weil sie aus der Anonymität
hervortritt, allerdings nicht als Subjekt, sondern als Objekt, über dessen Schicksal nach politischen
Gesichtspunkten seitens ihres Vaters Djuradj Brankovic und ihres zukünftigen Ehemannes Murad II. entschieden
wird. Als diplomatisches Pfand wechselte sie 1436 aus der Obhut ihres Vaters in diejenige ihres Ehemannes,
ohne dieses festgesteckte Bezugsfeld beeinflussen oder verlassen zu können. Während ihres ersten Aufenthaltes
im Osmanischen Reich zwischen 1436 und Murads Tod 1451 lernte sie ihren Stiefsohn Mehmed II. kennen, womit die Vorbedingung
für ihre spätere Rolle in Südosteuropa geschaffen war.
Den wichtigsten Einschnitt erlebte die Persönlichkeit von Mara Brankovic durch die Flucht in das Osmanische Reich
zu ihrem Stiefsohn im Jahre 1457. Als ehemalige Frau eines Sultans fand sie Aufnahme am osmanischen Hofe, womit
aus der Sicht der Geschlechterforschung der interessanteste Abschnitt ihres Lebens begann. Durch ihr gutes
Verhältnis zu Mehmed II. wurde der serbischen Prinzessin dessen Gnade zuteil, sodaß sie ausreichend Landbesitz
zu ihrem Unterhalt erhielt, was ihr die Umsetzung eigener Initiativen erleichterte. Zwischen 1457 und 1487
zeichnen die Quellen ein Bild der Interaktion zwischen Mara Brankovic, ihrem Stiefsohn, Sultan Mehmed und
dessen Untertanen.
Mara fungierte darin als verbindendes Element zwischen der “Welt der Vergangenheit” und der “Welt der Gegenwart”.
Sie stand in der Nachfolge ihres Vaters und seiner Vorgänger – der serbischen Könige, Kaiser, Feudalherren und
Despoten – und war somit Stifterin der Athosklöster und Ansprechperson des orthodoxen Mönchtums.
In der “Welt der Gegenwart” versuchte Mara Brankovic, auf der Basis ihres Einflusses als Witwe eines
Sultans die Existenz des orthodoxen Mönchtums im Osmanischen Reich durch Schenkungen zu sichern. Sie begegnet
in den Quellen als Fürsprecherin osmanischer Untertanen und als Vermittlerin zwischen der Hohen Pforte und
Ragusa bzw. Venedig.
Popovic hat eine höchst ergebnisreiche, mit beispielhafter Sorgfalt und methodenbewusst vorgenommene
Untersuchung vorgelegt. Sie bildet von nun an das maßgebliche Referenzwerk zu Mara Brankovic und
ihrem Wirken im weitesten Sinne.
Günter Prinzing, Mainz