(2010) 165 Seiten Text, 36 Tafeln, 8°, hard cover, ISBN 978-3-447-06212-1, € 35.-, online bestellen
Die Romanisation Ostmakedoniens und Thrakiens hat vor allem im Bereich des Städtebaus deutliche und auch
nachhaltige Spuren hinterlassen. Besonders in der mittleren Kaiserzeit wurden mehrere griechische Gründungen
massiv durch Baumaßnahmen verändert. Dies gilt insbesonders für Philippi in Ost-Makedonien, das von Kaiser
Hadrian den Titel colonia Augusta Iulia Philippensis erhielt, wie auch für Philippopolis, das ebenfalls im
2. Jh. n. Chr. eine römische Kolonie und zugleich das wirtschaftliche, administrative und militärische
Verwaltungszentrum Westthrakiens wurde.
Während die Prozesse einer bewusst gesteuerten Romansierung deutlich hervortreten, ist bei alle dem weitgehend
ungeklärt, wie sich die Präsenz und die Einflussnahme Roms auf die religiöse und geistige Haltung der ansässigen
Bevölkerungsgruppen auswirkten. Es stellt sich weiter die Frage wie neben den traditionell griechischen und
auch lokalen Traditionen neue römische Strömungen im Kunsthandwerk aufgenommen und umgesetzt wurden und
wie sich daraus eine neue Formensprache ergibt.
Direkte Einblicke in diese vielschichtigen Akkulturationsprozesse erlaubt eine kleine und vor allem lokal
verortete Denkmälergruppe mit der Abbildung der thrakischen Jägerin. In Philippi sieht man die Jägerin
ausschließlich auf Felsbildern, die direkt oberhalb des Theaters aus dem Gestein des Akropolishügels
herausgearbeitet wurden. Gleichzeitig dazu erscheint dieses Bildmotiv in mehreren Varianten auf Steinstelen
aus der Gegend um Philippopolis. Das Grundmotiv zeigt in beiden Denkmälergruppen eine durch trachtische
Merkmale als Thrakerin gekennzeichnete Person, die oft in Begleitung eines Hundes einen Hirsch erlegen wird.
An beiden Orten kommt die Abbildung der Jägerin in hadrianischer Zeit auf und galt bis ins frühe 4. Jh. n.
Chr. als beliebtes Motiv für Weihtafeln. Die wenigen Dedikationsinschriften in lateinischer wie in
griechischer Sprache bezeugen, dass die verehrte Göttin von verschiedenen ethnischen Gruppen angenommen
wurde. Alle Monumente waren jeweils Artemis/Diana geweiht, die in diesen Gegenden traditionell mit der
thrakischen Bendis gleichgesetzt wurde und man somit vor allem eine lokale Göttin religiös verehrte. Die
Denkmäler stehen für verschiedene kulturelle Strömungen und sind aufgrund der spezifischen Umsetzung
weithin eine sichtbare Manifestation neuer Kunsttraditionen, die auch für neue lokal verortete Werte
standen. Besonders durch die neuen Ausprägungen können sie als makedonisch-thrakische Formensprache angesehen
werden.