Das Kolloquium am 6. und 7. Mai 2011 im Mannheimer Schloß markierte
ein doppeltes Jubiläum, das der Begründung der im 18. Jahrhundert berühmten
Kurpfälzischen Abgußsammlung und das ihrer Wiederbegründung 1991durch
Wolfgang Schiering als Antikensaal-Galerie im Westflügel des Schlosses.
Damit war der „Mannheimer Antikensaal“ wieder – wenn auch nur teilrekonstruiert
– verständlich als bedeutsames Monument der Geschichte der Stadt, zugleich
aber auch der europäischen Geistesgeschichte der Aufklärung, mit dem gerade
auch Vertreter der Weimarer Klassik eng verbunden waren. 1995 erschien
in den gerade wiederbegründeten Mannheimer Geschichtsblättern des Altertumsvereins
ein Katalog der neuen Antikensaal-Galerie von Schiering und Mitarbeitern,
der hier im Anhang nachgedruckt ist.
Begründet hatte diese Sammlung der bedeutendsten Statuen in den Antikensammlungen
Roms in der ansehnlichen und widerstandsfähigen Scagliola-Abgußtechnik der
damalige Pfälzer Kurfürst Johann Wilhelm in Düsseldorf. Dort waren sie mit
seiner berühmten Gemäldesammlung und anderen Kunstwerken in einem frühen
Museumsbau ausgestellt. Nach dem Tode Johann Wilhelms 1716 wurden sie auf
dem Dachboden des Mannheimer Schlosses verstaut, bis nach der Jahrhundertmitte
der aufgeklärte junge Kurfürst Carl Theodor mit dem Sammlungsbestand in Mannheim
und in Düsseldorf zugleich zwei Kunstakademien begründete. Die Antikenabformungen
wurden umgewandelt zu einem Medium der Kunstausbildung, in Mannheim in der vom
Hofkünstler Peter Anton von Verschaffelt geleiteten „Zeichnungsakademie“ im
Quadrat F 6, das dafür als Anbau den – wie alle kurfürstlichen Sammlungen – öffentlich
zugänglichen sog. Antikensaal bekam. Da ihn kurz nach der Eröffnung einige spätere
Vertreter der Weimarer Klassik wie Herder und Goethe besuchten, wurde er schnell
immer bekannter, so daß ihn auch eine Reihe weiterer Reisender und Reiseschriftsteller
besuchten und kommentierten. Durch die Notlage der Revolutionskriege am Ende des
Jahrhunderts verkam der Antikensaal immer mehr zu einer für die Besucher enttäuschenden
„Rumpelkammer“ und wurde 1802 nach München in die dortige Kunstakademie gebracht.
Im vorliegenden Konferenzband geht es zunächst um das Zustandekommen der antikebezogenen
kurfürstlichen Sammlungen, danach werden einige der berühmten antiken Statuengruppen
unter verschiedensten Aspekten besprochen. Einen Höhepunkt bildet dabei die Entschlüsselung
der verworrenen, von Ovid beeinflussten Entstehungsgeschichte der Gruppe von Caunus und Byblis.
Endlich gibt es mehrere Beiträge zur lokalen Nachwirkung der Statuen im Antikensaal und
zur hinter den Sammlungen stehenden Mannheimer Kunst- und Wissenschaft-Konzeption im 18.
Jahrhundert, von der erstaunlich umfassenden Rezeption durch den jungen Grafen Franz von
Erbach bis zu den zahlreichen literarischen Zeugnissen für die Bedeutung des Mannheimer
Antikensaales. Den Abschluss macht eine Würdigung von Wolfgang Schierings Leistung für
seine Wiedererstehung in Mannheim, worauf der Nachdruck seines Katalogs der antiken
Saal-Galerie folgt.