(2007) 216 S., 159 Abbildungen; Format 20,5 x 26,5 cm; Broschur; ISBN 3-910060-55-2; 39 € (Vergriffen - Neuauflage in Vorbereitung)
Non omnia novimus omnes. Imo nec omnes omnia ignoramus. Doctissimus est, qui pluribus scientiarum radiis
illuminatur.
Wir alle wissen nicht alles. Aber wir alle sind auch nicht in allem unwissend. Am gelehrtesten ist der, der von
mehreren Strahlen der Wissenschaften erleuchtet ist.
L. Beger, Observationes et conjecturae in numismata quaedam antiqua (Berlin 1691) 1; in Anlehnung an Vergil buc. 8, 63
Die Erforschung der Geschichte der Klassischen Archäologie vor Winckelmann ist bisher fast ausschließlich der Kunstgeschichte und Alten Geschichte
überlassen worden. Winckelmanns Urteil, die Antiquare vor ihm hätten eine lebensfremde, ja tote Wissenschaft betrieben,
ist bis heute nicht relativiert worden. Deren größte wissenschaftliche Leistung in archäologischer Hinsicht waren jedoch
die Wiedergewinnung der antiken Bildsprache und die Auseinandersetzung mit der antiken Architektur und Sachkultur. Auf
deren Erkenntnisse stützte sich Winckelmann bei der Wiedergewinnung der griechischen und römischen Ikonographie; sein
Werk wäre ohne diese Vorarbeiten kaum denkbar.
In dem vorliegenden Band werden erstmals die archäologischen Illustrationen in den gedruckten antiquarischen Werken
vorgestellt und deren Bedeutung für die Archäologie im 16. und 17. Jahrhundert untersucht. Der Autor geht der Frage
nach, ob die Illustrationen auf die Forschungen bzw. ob neue wissenschaftliche Ergebnisse auf die Illustrationen Einfluß
hatten und inwieweit die Art der Abbildungen vom angestrebten Leserkreis der Publikation abhängig war. Festzuhalten ist,
daß das Erkenntnisinteresse der Antiquare zu einem neu entwickelten Abbildungstypus – dem Schaubild – führte.
Erst durch Winckelmann sei es dann zu einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Antike gekommen – so die
gängige Auffassung. Daher verwundert es kaum, daß Untersuchungen zur Fachgeschichte die Zeit vor der Mitte des 18.
Jahrhunderts meist ausblendeten oder allenfalls kursorisch streiften.
Daß sich dies nun geändert hat, verdankt die archäologische Forschung dem Gespann Henning Wrede und Volker Heenes.
Diese haben mit ihren beiden hier anzuzeigenden und ausgerechnet in der neuen Reihe der Stendaler Winckelmann-Forschungen
erschienenen Monografien erste wichtige Beiträge zur Schließung einer Forschungslücke seitens der Klassischen Archäologie
geleistet. Die nicht nur inhaltlich, sondern auch chronologisch aufeinander aufbauenden Arbeiten vermitteln einen Überblick
über den Umgang mit der wieder entdeckten Antike vom frühen 16. Jahrhundert bis in die 1720er Jahre.
Beide Arbeiten dürften ausschließlich für das Fachpublikum von Interesse sein. Sie stellen zusammengenommen einen
bedeutenden Baustein für die aktuelle Erforschung der eigenen Disziplin dar. Sehr erfreulich ist bei beiden Arbeiten
die gute und aussagekräftige Auswahl der Abbildungen.
Raoul Zühlke, Sehepunkte und Kunstforum, 15. 11. 2005